Papilio-Präventionsprogramm beugt Sucht und Gewalt vor

„Mich mag niemand und mir ist immer zum Heulen“, stellt sich zum Beispiel Heulibold mit dünner Stimme den jungen Gästen vor. Die fünfte Marionette auf der Bühne im Haus der Begegnung stellt das Kindergartenkind Paula dar – und die weiß eine Antwort: „Wenn du immer traurig bist, bekommst du gar nicht mit, wer dich mag“.

Über Gefühle sprechen, Emotionen beschreiben, negative Wahrnehmungen in Worte fassen. Das üben die Kinder aus vielen Evangelischen Tagesstätten seit Jahren mit den kleinen Kistenkobolden. Und ihre Erzieherinnen gleich mit. Denn wer sich selbst gut reflektieren und ausdrücken kann, ist schon früh gut gerüstet gegen Sucht und Gewalt, weiß Birgit Hadel von der Suchtberatung der Diakonie Rantzau-Münsterdorf. Sie hat in sieben Jahren unzählige Pädagoginnen während ihrer Papilio-Fortbildung betreut und unterstützt. „Zurzeit ist Papilio meine liebste Präventionsarbeit“, sagt Hadel. Der Grund: Dieses Programm ist umfassend, bezieht Kinder, Erzieher und Eltern gleichermaßen ein. „Es wird nicht von außen unterrichtet, sondern die Beteiligten entwickeln eine gemeinsame Haltung“, führt Hadel aus. Soziale Regeln, gewaltfreie Kommunikation, Gespräche über Gefühle – Papilio setzt umfassend an und ist darauf ausgelegt, dauerhaft in den Kitas etabliert zu werden. Die Kobolde sind nur ein Baustein. Ein zweites beliebtes Instrument ist zum Beispiel der Spielzeug-macht-Ferien-Tag, an dem die Kinder ihre Kreativität ganz ohne ihr gewohntes Spielzeug entfalten können. Stoffreste statt Lego, Geschichten erfinden statt Bücher und Puzzle vorgesetzt zu bekommen.  Die Kinder – so zeigt die Praxis – laufen zu Höchstform auf.

Christiane Carstensen ist eine der Kita-Leiterinnen, die Papilio gemeinsam mit Präventionsexpertin Hadel als festen Bestandteil der Kita-Arbeit etabliert hat. „Das soziale Miteinander lässt in der Gesellschaft nach“, sagt sie. „Hier können wir es gemeinsam erfahren. Außerdem wird das Ich der Kinder gestärkt.“ Carstensen ist eine von 63 Erzieherinnen in Elmshorn und Umgebung, die sich bereits mit Papilio fortgebildet hat.

Thorsten Sielk unterstützt das Präventionsprogramm als Geschäftsführer des Diakonischen Werks gern mit Geld und Personal. „Wir nehmen damit auch gesellschaftliche Verantwortung wahr“, sagt er. Das Diakonische Werk, in dem Suchtberatung, Prävention, Erziehungsberatung und soziale Beratungen unter einem Dach verbunden sind, sehe sich auch als „Anwalt der Kinder“, führt Sielk aus.

Die Krankenkasse Barmer GEK, Papilio-Sponsor, sieht in dem Programm eine gelungene Gesundheitsvorsorge. „Studien belegen, dass jedes fünfte Kind psychische Auffälligkeiten zeigt“, sagt Geschäftsführer Werner Siedenhans. „Man kann also gar nicht früh genug anfangen, die psychische Gesundheit von Kindern zu fördern. Genau das hat Heidrun Meyer, Vorsitzende des Vereins Papilio, auch vor. Sie plant, das Programm, mit dem bundesweit an die 6000 Erzieherinnen fortgebildet werden, auch für unter Dreijährige einzuführen. „Zurzeit mangelt es aber leider noch an finanziellen Mitteln, diesen Bereich aufzubauen“, sagt die Vorsitzende.